Generation Maybe.

Facebook fragt einen im 10 Minutentakt, ob man an einem Event teilnehmen möchte. Man sagt vielleicht, legt sich nicht fest, nie, es kann ja was besseres kommen.
Man lebt von Freitag zu Freitag, kennt jeden Club, man wartet, dass einem etwas den Atem raubt. Es kommt aber nichts. So lebt man weiter, Praktikum nach Praktikum, dazwischen wechselt man ein paar mal das Studium. Es ist ja alles möglich. Man reist nach Asien, weil es eine Art soziale Pflicht ist, spricht fließend Englisch, schießt sich in Berlin ab. Nichts ist wirklich von Bedeutung und man dümpelt dahin in lauter „vielleichts“. Vielleicht fahre ich nächstes Jahr nach Ibiza, immerhin hab ich gehört, dass es super toll sein soll. Vielleicht gehe ich zu diesem oder jenem Festival. Vielleicht studiere ich auch noch Kunstgeschichte.

Vielleicht ist das Wort unserer Generation. Wir dürfen alles und erlauben uns, sich auf nichts festzulegen.

Es beeindruckt, wenn jemand vor einem steht mit einem fixen Plan, man ist beeindruckt, wenn jemand von etwas mit voller Begeisterung spricht, während man sich selber hinter den ganzen „vielleichts“ versteckt.
Aber irgendwie wirkt diese Person wie aus einem anderen Jahrzehnt.

Vielleicht treffen wir uns mal auf einen Kaffee. Vielleicht aber auch nur zum Dvd-Schauen.

Vielleicht ist kein Nein, aber eben auch kein Ja. Es ist eine seltsame Zwischenebene, welche uns Spekulationen erlaubt. Es kann dem Nein oder dem Ja mehr zugeneigt sein. Ein zögerliches Ja oder ein höfliches Nein. Aber eben nur es kann.

Ich denke kaum, dass man ein erfülltes Leben erfährt, wenn man diese „vielleichts“ immer als Rettungsring verwendet. Ja oder nein, leben und zwar komplett und ohne Kompromisse. Ich bemerke es bei mir oft genug, wie ich mit einem Vielleicht antworte, nur um nicht zu euphorisch zu sein. Meine Freunde sagen immer, „Leonie, du bist too much“. Ich sage halt gerne Ja zum Leben. Wenn ich jemanden gut finde, kann ich jede Sekunde mit jener Person verbringen. Das hat nicht nur etwas mit den romantischen Seiten des Lebens zu tun.
Wie ich eine gute Freundin von mir kennen gelernt habe, wollte ich einfach jeden Tag mit ihr verbringen, aus dem einfachen Grund, weil ihr Witz meinen Alltag so viel schöner gemacht hat. Aber auch zwei Arbeitskolleginnen bei der Vogue haben in mir dieses Gefühl ausgelöst. Ich umgebe mich gerne mit solchen Menschen. Ihre Lebensenergie überträgt sich auf mich.

Wenn ich etwas durch mein Leben in Berlin, Amsterdam und Wien gelernt habe, dann dass, wenn man einfach ja sagt, etwas riskiert, sei es noch so schmerzhaft, man es nie bereuen wird. Aus meinem „Ja, ich ziehe nach Amsterdam“, wurde ein „Ich will nie mehr dahin“ und jetzt blicke ich nostalgisch auf diese Zeit zurück und denke mir, dass ich oft zu ängstlich war und hätte mehr wagen sollen. Im Nachhinein lässt sich das leicht sagen. Aber oft ist es diese Wischiwaschi-Einstellung, die einem nicht weiter bringt.

Es ist ein kleiner Schritt, aber ich drücke auf kein „Maybe“ mehr. Ja, oder nein, ich kann ja meine Meinung noch ändern. Ich gehe auf einen Kaffee oder eben nicht. Wie sagt man so schön, wer wagt gewinnt.

* Dieser Text wurde von dem gleichnamigen Lied von Teesy inspiriert.

1 Comment

  • Alex sagt:

    Das erinnert mich an „Jein“ von Fettes Brot (1996), es hat sich also in den Neunzigern schon abgezeichnet, dass es heute mal so sein würde. Ich glaube es ist richtig, dass du öfter ja sagst, oder eben halt direkt nein. Diese ganzen „komm ich heut nich, komm ich morgen“ wischiwaschi eventuell Zu/Absagen sind eigentlich unnötig. Wenn man etwas will, sagt man ja. Das leben ist kurz. Ich glaub zwar an Reinkarnation (echt jetzt!), aber „yolo“ und so, du weißt schon. Man hat nix davon, wenn man im Leben nur wischi-waschi ist!

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